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19.10.2018 09:00
Der Anti-Terrorismus von Trump
Wenn die neue Anti-Terror-Strategie der USA auch nicht viel an diesem Kampf
ändert, ändert sie jedoch grundsätzlich die Arbeitsrichtlinien des Pentagon und
des Sekretariats für Homeland Security. Es ist nicht so sehr eine
Rationalisierung dessen, was seit 2001 aufgebaut wurde, sondern eine
Neudefinition der Aufgaben des Bundesstaates. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
Von Thierry Meyssan | Voltaire Netzwerk |
Damaskus (Syrien) | 16. Oktober 2018
Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
as Weiße Haus hat am 4. Oktober 2018 die neue "nationale Strategie zur
Bekämpfung des Terrorismus" (National Strategy for Counterterrorism)
veröffentlicht [1]. Dieses Dokument wird als ein Bruch mit dem dargestellt, was
vorher auf diesem Gebiet gemacht wurde; der vorherige Text stammt aus der Obama-Administration, der im Jahr 2011 veröffentlicht wurde. In Wirklichkeit ist
es ein Kompromiss zwischen Präsident Trump und dem Pentagon.
Präambel
Der Terrorismus ist eine Kampf-Methode, auf die Zurückzugreifen sich alle Armeen
das Recht vorbehalten. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats
machten während des Kalten Krieges davon alle gezielt Gebrauch.
Zu dieser Zeit konnten Terrorakte beispielsweise zwischenstaatliche Nachrichten
sein, oder auch verdeckte Operationen, um einen Mitspieler zu behindern. Heute
sind sie geläufig. Sie dienen nicht mehr als geheimer Dialog zwischen Staaten,
sondern nur um Staaten zu schwächen.
Als Beispiel für unsere französischen Leser, erinnern wir, dass Präsident
François Mitterrand während des Bürgerkriegs im Libanon das Attentat auf das
Rekrutierungsbüro von Damaskus bestellte, bei dem 175 Menschen getötet wurden,
als Vergeltung für die Ermordung des Botschafters von Frankreich in Beirut,
Louis Delamarre. Oder noch einmal im Jahr 1985, als Präsident Mitterrand ein
Greenpeace-Schiff, die Rainbow Warrior, im Hafen versenken ließ, was einen Toten
forderte, mit der Begründung, dass seine Anwesenheit die Fortsetzung der
französischen Atomtests im Pazifik behinderte.
Mehrdeutigkeiten
Drei Unklarheiten verbleiben dauerhaft in der US-Rhetorik seit 2001:
Der Begriff des "Krieges gegen den Terror" (GWOT), von George Bush Jr., hatte
nie den geringsten Sinn. Das Wort "Terrorismus" bezeichnet nicht einen Feind,
sondern eine Kampfmethode. Der "Krieg gegen den Terrorismus" hat also nicht mehr
Sinn, als der "Krieg gegen den Krieg". Es ging in der Tat nur darum, zu
verkünden, was Donald Rumsfeld den "endlosen Krieg" nannte: d.h. die Strategie
von Admiral Arthur Cebrowski der Zerstörung der staatlichen Strukturen jener
Länder, die mit der Weltwirtschaft nicht verbunden sind.
Die Entwicklung der muslimischen Organisationen, die Terrorismus praktizieren,
stützt sich auf eine Ideologie, die des politischen Islams, die von der
Muslimbruderschaft verteidigt und propagiert wird. Gleichzeitig wird eine
Variante dieser Ideologie durch einige iranische Strömungen verbreitet, selbst
wenn sie aber nur selten vom Terrorismus Gebrauch machen. Es nützt absolut
nichts, gegen das Symptom (die Vermehrung der Terroranschläge) zu kämpfen, ohne
die Krankheit (den politischen Islam) zu bekämpfen.
Das Wort "Terrorismus" ist abwertend geworden. Es wird häufig für Organisationen
verwendet, die diese Kampfmethode nur in Ausnahmefällen anwenden, und die das
Weiße Haus ja nur dämonisieren will (z.B. die Hisbollah).
Die Entwicklung des Anti-Terrorismus
Von Präsident Bush Jr. nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gestartet, hat
der globale Krieg gegen den Terrorismus seinen angegebenen Zweck nicht erreicht.
Im Gegenteil, die Zahl der Terroranschläge ist enorm angestiegen. Dieses ganze
Theater war nur ein Vorwand für die weit verbreitete Überwachung der US-Bürger
(Patriot Act und Schaffung des Sekretariats für Homeland Security) und um die
Angriffskriege (Afghanistan, Irak) zu rechtfertigen.
Präsident Obama hat dieses System neu gestaltet. Er hat bestimmten Praktiken (z.
B. Anwendung von Folter) ein Ende gesetzt und nicht diese Rhetorik zur
Rechtfertigung der Aggressionen gegen Libyen und Syrien verwendet. Er hat die
Kontroverse über die Anschläge vom 11. September begraben, hat den Patriot Act
beibehalten und die Agenturen zur Überwachung der Bevölkerung weiter entwickelt.
Er hat den Krieg gegen den Terrorismus nur erwähnt, um ein umfassendes System
hauptsächlich durch Drohnen ausgeführter, gezielter Tötungen zu erstellen. Zur
gleichen Zeit hat er den „Tod“ von Osama Bin Laden inszeniert, um dessen
Gefährten wieder in den ursprünglichen Apparat der CIA einzugliedern. Er stützte
sich daher bei den Boden-Operationen in Libyen und Syrien auf Al-Kaida.
Letztlich unterstützte er die Schaffung eines Kalifats beiderseits der
Syrien/Irak-Grenze, unter dem Vorwand, Daesch zu bekämpfen.
Präsident Trump, der geplant hatte, der Verwendung des Terrorismus durch die
Alliierten ein Ende zu setzen, war gezwungen, seine Ziele nach dem erzwungenen
Rücktritt seines nationalen Sicherheitsberaters, General Michael T. Flynn, zu
ändern. Schließlich hat er die Golfstaaten gezwungen, die Finanzierung der
terroristischen Armeen einzustellen, hat dem Kalifat als Staat ein Ende gesetzt
und hat den Kampf gegen den Terrorismus zu NATO-Aufgaben gemacht.
Die neue US-Anti-Terror-Strategie
Die neue US-Doktrin versucht das Ziel des America first! mit den Werkzeugen des
Bundesstaates in Einklang zu bringen. Sie sieht daher vor, dass Washington von
nun an nur Terrororganisationen bekämpfen wird, die seine Interessenssphären
bedrohen. Sie umfasst aber "seine" Interessen im weitesten Sinne, einschließlich
Israels.
Um diese strategische Ausweitung zu rechtfertigen, erneuert die US-Doktrin die
Rhetorik von Bush Jr. mit der Vorgabe der Notwendigkeit, die Vereinigten Staaten
zu verteidigen, weil sie "die Avantgarde der Freiheit, Demokratie und der
konstitutionellen Governance" (SIC!) sind.
Präsident Trump bezeichnet daher als die zu bekämpfenden Organisationen:
die Gruppen wie Al-Kaida, Daesch, Boko Haram, Tehrik-e-Taliban,
Lashkar-e-Tayyiba, soweit sie weiterhin ihre Soldaten ermutigen, US-Interessen
zu bedrohen;
die Gruppen, die Israel widerstehen, (Iran, Hisbollah, Hamas);
andere Extremisten (Neonazis der Bewegung des nordischen Widerstands) und der
National Action Group, Sikhs von Babbar Khalsa, ja sogar Anhänger des
Speziesismus.
Es ist niemandem entgangen, dass die Bereitstellung von Muslim- und Sikh-Gruppen
in Pakistan wahrscheinlich zur Vorbereitung einer Operation gehört, um dieses
Land zu destabilisieren. Nach Daesch in Palmyra, den Nazis in der Ukraine und
der "Revolution" in Nicaragua, könnte Pakistan der vierte Ort der Störung des
chinesischen Projektes der „Neuen Seidenstraße" sein.
Die Prioritäten
Der Rest der neuen Strategie ist die Erklärung der zu treffenden Maßnahmen.
Präsident Trump gibt unumwunden zu, dass die Vereinigten Staaten nicht alles auf
einmal machen können und definiert daher seine "Prioritäten"; eine elegante Art
und Weise zu erklären, was man nicht mehr machen soll.
Es sei darauf hingewiesen, dass Präsident Trump die Inhaftierung von
Dschihadisten im Namen des Kriegsrechts gutheißt; eine Festnahme, die
lebenslänglich sein könnte, angesichts der Unmöglichkeit, diesen Krieg innerhalb
einer angemessenen Frist zu beenden.
Die drei großen Neuerungen sind:
Der intern in den Vereinigten Staaten konzipierte Apparat der Überwachung der
Einreise und das Auflisten von Verdächtigen, sollte auf alle alliierten Länder
ausgedehnt werden. Das "America first!“ bedeutet nicht "die USA allein" Ob es
dem Weißen Haus gefällt oder nicht, das Pentagon versucht, das "Amerikanische
Empire" wiederherzustellen, indem es vorgibt, den Kampf gegen den Terrorismus zu
koordinieren.
Wenn es auch bis heute eine Propaganda gegeben hat, um gegen die Rekrutierung
von neuen Dschihadisten zu kämpfen, dürfen das Pentagon und das Homeland
Security Sekretariat daraus eine Staatsideologie machen, um die gesamte
Gesellschaft zu mobilisieren. Der Anti-Terrorismus wird voraussichtlich das
werden, was der Anti-Kommunismus zur Zeit des Senators Joseph McCarthy war.
Während das Pentagon die als "Terroristen" beschriebenen Gruppen bekämpfte, wird
es jetzt erwägen, dass es nicht alle Attentate auf seinem Boden verhindern kann.
Es wird daher ein Programm zur Behebung der Schäden entwickeln. Das ist ein
kompletter Gesinnungswandel. Bis jetzt hat kein Feind jemals den US-Boden
betreten und die US-Armeen sind in der ganzen Welt stationiert, das Gesetz von
Washington zu verhängen. Das Pentagon beginnt sich selbst als eine Kraft zu
sehen, die das Hoheitsgebiet verteidigt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese neue nationale Strategie
gegen den Terrorismus weit von den von Donald Trump und Michael T. Flynn während
des Wahlkampfes gemachten Analysen entfernt ist. Sie wird nur wenig Einfluss auf
diesem Gebiet haben. Ihre Nützlichkeit wird man woanders erkennen müssen: der
Präsident richtet Schritt für Schritt den staatlichen Sicherheitsapparat der USA
neu aus. Wenn er angewandt wird, wird dieser Text tief greifende Auswirkungen
auf lange Sicht haben. Er ist Teil des Willens, die imperialistischen Kräfte in
Organe der Landesverteidigung zu verwandeln.
Autor: Thierry Meyssan | Übersetzung: Horst
Frohlich | Korrekturlesen : Werner Leuthäusser
[1] National Strategy for Counterterrorism, The White House, October 2018.
Thierry Meyssan
Thierry Meyssan: Politischer Berater, Präsident und Gründer des Réseau
Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über
ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen
Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk: Sous nos yeux - Du 11-Septembre à
Donald Trump.
Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons
(CC BY-NC-ND)
Link zum Originaltext mit weiteren Leseempfehlungen bei ' voltairenet.org '
..hier
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