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16.02.2018 14:45
USA und Deutschland haben
Büchse der Pandora geöffnet
Dokumente belegen: Machtpolitisch begründete doppelte Standards haben
Separatismus, Extremismus und Terrorismus heraufbeschworen. [Quelle:
voltairenet.org] JWD
Von Živadin Jovanovic | Voltaire
Netzwerk | Belgrad (Serbien) | 22. Januar 2018
Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
Es scheint, dass die jüngsten Entwicklungen in Europa und insbesondere der
Druck des Sezessionismus (Katalonien) eine Glocke läuten beziehungsweise an
bestimmte Ereignisse erinnern. Im folgenden sollen die Rollen der EU, der USA
und Deutschlands dabei beleuchtet werden. Inwieweit orientierten sie sich in der
Kosovo-Krise an den Prinzipien des Völkerrechts und der Demokratie? Wie sehr
schätzten sie die Berichte ihrer (teuren) Missionen im Kosovo und Metohija (KDOM,
KVM, ECMM), die die Realitäten vor Ort darstellten? Inwieweit haben sie das
Recht auf Selbstbestimmung und Menschenrechte verteidigt und inwiefern den
Separatismus für geopolitische Interessen missbraucht? Da sich Strategien nur
langsam entwickeln, können Erinnerungen an die Vergangenheit zu einem besseren
Verständnis der Interessen und der Rolle der EU bei den laufenden Verhandlungen
mit dem Kosovo in Brüssel beitragen.
Über einen längeren Zeitraum haben die führenden Mitglieder sowohl der Nato als
auch der EU die terroristische UÇK im Kosovo und Metohija unterstützt. Als
Alliierte starteten sie 1999 eine bewaffnete Aggression gegen Serbien
(Bundesrepublik Jugoslawien), die nach den gleichen Grundsätzen des
Völkerrechts, die heutzutage von den EU-Beamten eifrig in Anspruch genommen
werden, einem Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit gleichkäme.
Zusammenfassend gesagt, hatten die Länder und Zusammenschlüsse, deren Sprecher
bis heute schwören, dass sie immer die gleichen Prinzipien und regelbasierte
Politik hochhalten, 1999 den stärksten Schlag gegen die globale Rechtsordnung
und gegen die Vereinten Nationen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs
ausgeführt.
Ausbreitung von Sezessionen und
Ausweitung des islamischen Extremismus
Die Politik der Regierungen dieser Länder und deren Zusammenschlüsse während der
jugoslawischen und der Kosovo-Krise hatte die Ausbreitung von Sezessionen, die
Ausweitung des islamischen Extremismus, des Wahhabismus und des Terrorismus in
Europa und im Rest der Welt zur Folge. Indem sie die in der Helsinki-Schlussakte
(KSZE) verankerten Grundsätze, die Charta der Vereinten Nationen und
internationale Übereinkommen und Verträge missachteten und verletzten,
verursachten sie eine dauerhafte Instabilität auf dem Balkan als dem am
stärksten gefährdeten Teil Europas.
Gegenwärtig üben sie Druck auf Serbien aus, das sie zerstört, getäuscht und
gedemütigt haben, indem sie die gewaltsame Entnahme des Kosovo aus seinem
Staatsgebiet in Form einer konstruierten einseitigen und illegalen Abspaltung
anerkannt und von Serbien verlangt haben, alles zu löschen und zu vergessen,
dies «im Interesse seiner europäischen Zukunft». Welche Art von Zukunft könnte
auf einer solchen Grundlage aufgebaut werden?
Der Geist des Separatismus und des Terrorismus, den die führenden Staaten der
Nato und der EU 1998/99 im Kosovo und Metohija wegen der geopolitischen Ziele
der USA und einiger europäischer Mächte wie zum Beispiel Deutschland und
Grossbritannien aus der Flasche gelassen haben, verbreitet sich immer weiter
über Europa. Währenddessen glauben EU und Nato, dass sie ihn in die Flasche
zurückbringen können und dass sie die Namen klären und ihre verbeulte Einheit
wiederbeleben können, indem sie erneut Serbien und dessen Interessen opfern. Die
wahre Tragödie für Europa ist die Argumentation, dass Wahrheit nur das ist, was
die EU-Kommissare und -Sprecher zur Wahrheit erklären. Die Dominanz solcher
Argumente verhindert ein echtes Verstehen des historischen Sogs, der den Alten
Kontinent verschlingt!
Die strategischen Gründe für den Krieg
gegen die Bundesrepublik Jugoslawien
«Der Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien sei geführt worden, um eine
Fehlentscheidung von General Eisenhower aus dem Zweiten Weltkrieg zu revidieren.
Eine Stationierung von US-Soldaten habe aus strategischen Gründen dort
nachgeholt werden müssen.» So zitiert W. Wimmer, ehemaliger Staatssekretär im
deutschen Verteidigungsministerium, in seinem Bericht vom 2. Mai 2000 an
Bundeskanzler Gerhard Schröder die amerikanischen Vertreter auf einer
Nato-Konferenz Ende April 2000 in Bratislava.
Der erste Punkt in diesem Bericht ist eine explizite Forderung der USA an ihre
verbündeten Nato-Mitglieder, «eine möglichst baldige völkerrechtliche
Anerkennung eines unabhängigen Staates Kosovo vorzunehmen», während der zehnte
und letzte Punkt lautet: «In jedem Prozess sei dem Selbstbestimmungsrecht der
Vorrang vor allen anderen Bestimmungen oder Regeln des Völkerrechts zu geben.»
Sollte man sich da über das gegenwärtige Referendum über die Sezession von
Katalonien wundern?
Wimmers Bericht hält außerdem fest, dass die auf der Pressekonferenz von
Bratislava erklärte Position darin besteht, der Angriff der Nato auf Jugoslawien
ohne UN-Vollmacht von 1999 «sei […] ein Präzedenzfall, auf den sich jeder
jederzeit berufen könne und auch werde». Das lässt einen sehr an der Behauptung
einer grundsätzlichen und regelbasierten Politik zweifeln, wenn die unter
Verletzung der UN-Charta durchgeführte Aggression als Präzedenzfall und die
einseitige Abspaltung des Kosovo, die direkt aus einer solchen Aggression
resultiert, als «einzigartiger Fall» erklärt wird.
Kein einziger Bericht bezog sich auf
Völkermord oder ähnliche Straftaten
Am Vorabend der Nato-Aggression 1999 gegen Jugoslawien setzten sich zwei große
internationale Missionen in der Provinz Kosovo und Metohija fest: eine unter der
Schirmherrschaft der OSZE, bekannt als Kosovo Verification Mission (KVM), unter
der Leitung des amerikanischen Diplomaten William Walker, und die andere unter
der Schirmherrschaft der Europäischen Gemeinschaft als EU-Überwachungsmission (ECMM)
unter der Leitung des deutschen Diplomaten Dietmar Hartwig. Letzterer brachte
die oft wiederholte Einschätzung des Leiters der KVM und seiner Entourage zum
Ausdruck: «Es gibt keine zu hohen Kosten, um die Nato im Kosovo einzusetzen.
Alle Kosten sind akzeptabel.»
Nachdem die albanische Führung im Kosovo 2006 eine einseitige illegale Sezession
erklärt hatte, schickte Dietmar Hartwig 2007 vier Briefe an die deutsche
Bundeskanzlerin Angela Merkel, in denen er sie drängte, Deutschland solle eine
solche einseitige Handlung nicht anerkennen. In seinem Brief vom 26. Oktober
2007 an Bundeskanzlerin Merkel sagt Hartwig unter anderem:
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«In keinem einzigen Bericht [der
ECMM] aus der Zeit zwischen Ende November 1998 und der Evakuierung [von
ECMM, KVM] unmittelbar vor Kriegsausbruch [1999], wurden größere oder
gezielte Verbrechen von Serben an Albanern gemeldet, es wurde in keinem
einzigen Fall über Genozid oder genozidähnliche Vorkommnisse/Verbrechen
berichtet. […] Hingegen wurde in den durch mich erstellten [ECMM-]Berichten
auch immer wieder erwähnt, dass angesichts der ständig zunehmenden
Angriffe der UÇK/KLA auf die serbische Exekutive deren Sicherheits- und
Ordnungskräfte eine bemerkenswerte Zurückhaltung und Disziplin an den
Tag legten. Es war das deutliche und immer wieder genannte Ziel der
serbischen Administration, die Bestimmungen des
Miloševic-Holbrooke-Abkommens [vom 13. Oktober 1998] so genau wie
möglich zu befolgen, um der internationalen Gemeinschaft keinen Grund
für eine Intervention zu liefern. Wie mir bereits in der Übernahmephase
des Regionalbüros Priština auch durch meine ‹Kollegen› von den anderen
‹Kosovo Diplomatic Oberserver Missions› (USA, Großbritannien, Russland
usw.) bestätigt wurde, bestanden schon in dieser Zeit erhebliche
‹Wahrnehmungsverschiebungen› zwischen dem, was diese KDOMs (und
teilweise auch Botschaften) an ihre Regierungen/Hauptstädte meldeten,
und dem, was dann von diesen an die Medien/die jeweilige Öffentlichkeit
gegeben wurde. |
Falsche Berichte sollten den Krieg
vorbereiten
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Diese Diskrepanz lässt sich
letztlich wohl nur als Teil einer, von langer Hand betriebenen,
Vorbereitung eines Krieges gegen den Kosovo/gegen Jugoslawien verstehen.
Denn bis zu meinem Verlassen des Kosovo hat es nicht das gegeben, was
besonders die Medien, aber nicht minder intensiv die Politik, unentwegt
behaupteten. Mithin hat es auch bis zum 20. März [1999] keinen Anlass
gegeben, militärisch zu intervenieren, und damit sind auch alle
Folgemaßnahmen der internationalen Gemeinschaft dort unrechtmäßig. Das
kollektive Verhalten der EU-Mitgliedsländer vor und nach dem Ausbruch
des Krieges gibt naturgemäß zu ernster Besorgnis Anlass, weil die
Wahrheit auf der Strecke blieb und die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft
Schaden nahm. Aber mit meinem Schreiben geht es mir ausschließlich um
die Rolle der Bundesrepublik Deutschland bei der Teilnahme an diesem
Krieg und dem politischen Bestreben, den Kosovo von Serbien abzuspalten.
[…] |
Deutschland hat sich aktiv für
eine Aufteilung Serbiens eingesetzt
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Aus den tagespolitischen
Nachrichten der letzten Monate wurde immer wieder deutlich, dass die
Bundesrepublik Deutschland den amerikanischen Wunsch nach einer
Unabhängigkeit nicht nur (unter-)stützt, sondern die Abtrennung von
Serbien aktiv betreibt. Da nach unserem Grundgesetz der Bundeskanzler
bzw. in Ihrem Fall die Bundeskanzlerin die Richtlinien der Politik
bestimmt, sind Sie auch dafür verantwortlich zu machen. Besonders Ihr
Außenminister, der als Kanzleramtsminister unter Ihrem Vorgänger gewiss
genau wusste, was im Kosovo tatsächlich geschah, und der heute Ihre und
Ihre politischen Vorgaben verfolgt, tritt unentwegt für die
Verselbständigung/‹Unabhängigkeit des Kosovo› und damit für die
Abtrennung des Kosovo von Serbien ein. Weisen Sie ihn an, sich für eine
völkerrechtskonforme und korrekte Kosovo-Lösung einzusetzen und gehen
Sie innen- und außenpolitisch mit gutem Beispiel voran. Nur die
Beachtung geltenden Rechts durch alle Staaten kann Grundlage für ein
friedliches Zusammenleben aller Völker sein. […] Wird der Kosovo
selbständig, wird den Serben der jederzeit ungehinderte Zugang zu den
Gedenkstätten dieses Krieges verwehrt, bleibt der Kosovo ein Unruheherd.
[…] |
«Ein gefährliches Zeichen für
andere ethnische Gruppen»
|
Tragen Sie Ihren Teil dazu bei,
dass eine Kosovo-Lösung auf der Grundlage der seinerzeitigen
UN-Resolution [1244] erreicht wird, nach der der Kosovo serbisches
Territorium bleibt. Die durch die USA gewollte und auch durch Sie
betriebene Abtrennung von Serbien und die volle Unabhängigkeit des
Kosovo bzw. der Kosovo-Albaner sind völkerrechtswidrig, politisch
unklug und zudem unverantwortlich teuer […].
Zudem setzt eine Abtrennung des Kosovo von Serbien auf Grund ethnischer
Entwicklungen ein gefährliches Zeichen für andere ethnische Gruppen in
anderen (auch EU-)Ländern, die – dann mit Recht – eine ‹Kosovo-Lösung›
auch für sich beanspruchen könnten» |
schliesst Dietmar Hartwig seinen Brief an Kanzlerin Merkel.
Genug gesagt über die «humanitäre Intervention» und die Sorge um den Schutz der
Rechte der albanischen Bevölkerung als Kennzeichen für die «Einzigartigkeit des
Kosovo-Falls». Die amerikanische Militärbasis «Bondsteel» in der Nähe der Stadt
Uroševac gehört sicherlich vollkommen zufällig zu den größten
US-Militärstützpunkten außerhalb der USA. Vielleicht bestätigt ihre Besorgnis
darüber, dass sie vom serbisch-russischen humanitären Zentrum in Niš
ausspioniert werden könnten, dass das «Bondsteel»-Mandat strikt lokal, humanitär
und nur für kurze Zeit ist.
USA, EU und Nato verhindern Umsetzung
der Sicherheitsrats-Resolution 1244
Es waren die USA, die EU und die Nato, nicht Serbien, die den Konflikt nach der
bewaffneten Aggression von 1999 einfroren. Sie hielten ihn in den letzten 18
Jahren dadurch eingefroren, dass sie die Sicherheitsrats-Resolution 1244 nicht
vollständig umsetzten. Sie zwangen Serbien, alle Verpflichtungen zu erfüllen,
indem sie auf dem rechtlich verbindlichen Charakter der Resolution bestanden,
während sie sich selbst und die Albaner von jeglicher darin festgelegten
Verpflichtung befreiten. Sie sind sich darüber im klaren, dass die vollständige
Umsetzung der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates der Erhaltung der
Integrität Serbiens gleichkommt, was sie gerade nicht wollen, weil sich dies
gegen ihr geopolitisches Konzept der Expansion nach Osten richtet. Gerade jetzt,
wo der Westen einen Übergang durchmacht, nach dem er nicht mehr so mächtig sein
könnte, wie er in der unipolaren Weltordnung war. Gegenwärtig fordert der
Westen, dass Serbien den «Unabhängigkeitsprozess» des Kosovo «auftaut». Wie?
Indem er Serbien dazu nötigt, eine «rechtsverbindliche Vereinbarung» mit
Priština zu unterzeichnen, um eine illegale einseitige Abspaltung anzuerkennen,
die illegale Aggression von 1999 zu legalisieren, die Folgen gewaltsamer
ethnischer Säuberungen von über 250 000 Serben aus dem Kosovo und Metohija zu
akzeptieren und im wesentlichen die Verantwortung für all das zu übernehmen.
Autor:
Živadin Jovanovic | Quelle: Zeitfragen (Schweiz)
Živadin Jovanovic Ancien ministre des Affaires
étrangères de la République fédérale de Yougoslavie. Président du Belgrade Forum
for a World of Equals.
Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons
(CC BY-NC-ND
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Tags:
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Serbiens, Jugoslawien, Völkermord |
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