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25.03.2017 00:00
Im Gespräch mit Thierry Meyssan
Zum Buch "Sous nos yeux"
(Vor unseren Augen)
Anlässlich der Veröffentlichung seines Buches "Sous nos
yeux. Du 11 septembre à Donald Trump“ [Vor unseren Augen. Vom 11. September bis
zu Donald Trump. Eine deutsche Übersetzung ist vorgesehen], gab Thierry Meyssan
ein Interview per Internet. [Quelle: voltairenet.org] JWD
Von Thierry Meyssan | Voltaire
Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 24. März 2017

Quelle: voltairenet.org (verlinkt)
Voltaire Netzwerk: Thierry Meyssan, Ihr neues Buch Sous nos
yeux [Vor unseren Augen] ist gerade 10 Jahre nach dem vorherigen erschienen.
Was ist das Thema, und warum haben Sie so lange gewartet?
Thierry Meyssan: Vor 16 Jahren
prangerte ich den Staatsstreich vom 11.
September an. Was ich damals spürte, hat tatsächlich stattgefunden: die
Verantwortlichen für diese Operation erstellten einen permanenten
Ausnahmezustand in den Vereinigten Staaten und haben sich an einer Reihe von
imperialistischen Kriegen beteiligt. Viele Leute haben von diesem Buch nur die
kurze Passage über das Attentat auf das Pentagon aufgegriffen, aber es ist ein
Buch der politischen Wissenschaft, das man besser hätte ernst nehmen sollen.
Ich verstehe nicht, wenn mich Leute fragen ob ich immer noch „glaube“, was ich
im Jahr 2002 geschrieben habe: Ich sehe es, ich erlebe es jeden Tag. Die
politischen Wissenschaften sind empirische Wissenschaften: Man kann zwischen
richtigen und falschen Hypothesen nur unterscheiden, wenn man ihre Folgen
studiert. Und die Zeit hat mir Recht gegeben.
Es ist mehr als ein Jahr her, dass Frankreich in Ausnahmezustand gesetzt wurde,
während diese Kriege, die den Erweiterten Nahen Osten verwüstet haben, mehr als
3 Millionen Tote gefordert haben. Sie verbreiten sich jetzt in Europa mit
Migrationsströmen und terroristischen Anschlägen.
In Sous nos yeux wollte ich auf ihre Planung zurückkommen. Erklären, wer sie
entschieden hat, wie und warum. Der Westen geht dieses Phänomen nur in einer
sequenziellen Weise an. Für ihn gibt es in der Regel keine Verbindung zwischen
dem was in Afghanistan, im Irak, in Tunesien, Ägypten, Libyen, Jemen und Syrien
passiert. All diese Völker wollten Demokratie, aber keines konnte sie
einrichten.
Hinter diesen diskontinuierlichen Erscheinungen gibt es aber einen globalen
Plan, der zuerst den Erweiterten Nahen Osten getroffen hat und der sich jetzt
bis zum Westen ausdehnt.
Voltaire Netzwerk: In der Tat, Ihr Buch erscheint gerade im Moment, wo
der Ausdruck "Post-Wahrheit" in den Massenmedien besonders beliebt ist (um
ausschließlich die Pseudo-Propaganda von Putins Russland und die so genannten
Lügen von Trump zu verurteilen), und wo sich die selbsternannte „atlantische
Ref[v]erenzzeitung" [Wortspiel über Le Monde, „le journal de référence“, das zum
„Journal de révérence“ (Verbeugung) wurde BdÜ] rühmt, irgendwie das MiniVer
(Ministerium der Wahrheit) mit seinem unbeschreiblichen Decodex zu sein... Ihr
Buch zeigt, wie weit die Werte verwechselt wurden, und wie wir mehr denn je in
einer wahrhaft Orwellschen Welt leben. Gibt es noch Hoffnung?
Thierry Meyssan: Im Westen kommen wir gerade mit der Anti-Trump-Kampagne
in die erste Phase der Propaganda selbst. Denn dies ist das erste Mal, dass das
System die Funktion angreift, die es als die oberste betrachtet. Bei dieser
Gelegenheit erscheint ein Widerspruch zwischen den Techniken der "Public
Relations" und der "Propaganda". Donald Trump ist in der Tat ein großer
Spezialist der ersten und ein Opfer der zweiten.
Eine der Eigenschaften der Propaganda ist, sich dem kritischen Geist zu
substituieren. Als wir in der Schule waren, glaubten wir nicht, dass ein Text
dank seines Autors mehr Wert hatte, sondern nur wegen seinem Inhalt. Wir
lernten, kritisch zu lesen. Die Demokratie beruht auf diesem Prinzip: Wir müssen
jedem einzelnen Bürger die gleiche Aufmerksamkeit widmen, während das Ancien
Regime nur dem Adel und dem Klerus das Wort erteilte (man würde heute sagen: den
Politikern und Journalisten).
Der Decodex bewirkt genau das Gegenteil. Er qualifiziert a-priori einen Artikel
als richtig oder falsch, je nach seinem Autor. Das ist intellektuell töricht und
zutiefst antidemokratisch.
Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass der Decodex sowohl an die durch eine
geheimnisvoll geschaffene NRO, First Draft, eine Vereinbarung von Medien
gebunden ist, als auch an den Militärstab der Europäischen Union. Le Monde, der
in der Tat diesen Decodex auf eigene Initiative unternahm, ist sehr weit davon
entfernt, ein einfaches Presseorgan zu sein. Und um Ihre Frage zu beantworten,
wie während des zweiten Weltkriegs, gibt es keine Hoffnung auf die Medien im
Allgemeinen, sondern es gibt nur Hoffnung, solange wir fähig sind, zu
widerstehen.
Voltaire Netzwerk: Die intensive Nutzung von Propaganda, um einen
Krieg populär zu machen, ist sicherlich nicht neu, aber mit Libyen und Syrien
scheint man seltene Höhen erreicht zu haben, außer den Höhepunkt des ersten
Weltkrieges, wie es unter anderem Patrick Cockburn vor kurzem auf CounterPunch
erwähnt hat.
Thierry Meyssan: Ja, aber dieser Vergleich gilt nur für das Vereinigte
Königreich (oder genauer gesagt für seine Hauptstadt) und die Vereinigten
Staaten, deren Gebiet nicht vom Krieg betroffen war und die die moderne
Propaganda beherrschten. Damals wussten weder Russland, noch Deutschland noch
Frankreich, was diese Techniken sind.
Die erste Neuheit ist der Platz, den heute der Rundfunk einnimmt, und häufiger
als man vielleicht denkt, die Fiktionsbilder, die als authentische Geschichten
in den Nachrichten präsentiert werden. Ich denke zum Beispiel an Sequenzen der
angeblichen "grünen Revolution" in Iran oder an andere, über den so genannten
Einzug der Rebellen auf dem grünen Platz in Tripolis, in Libyen. Diese Mischung
aus Fiktion und Wahrheit hat mit der Verleihung eines Dokumentarfilm-Preises
durch Hollywood an Al-Qaida gesiegt, für die Inszenierung der Weißen Helme in
Aleppo.
Die zweite Neuheit ist die Schaffung einer internationalen Koordination zwischen
den verbündeten Regierungen, um ihre Propaganda abzustimmen. Es begann mit dem
gemeinsamen Office of Global Communications vom Weißen Haus und Downing Street.
Heute ist es das StratCom Task Force von der Europäischen Union und das
strategische Kommunikations-Center der NATO.
Voltaire Netzwerk: Jeder weiß, dass "in Kriegszeiten die Wahrheit das
erste Opfer" ist, jeder erinnert sich mindestens einiger Manipulationen und
Lügen, die in der Vergangenheit einstimmig von der Presse weitergeleitet wurden.
Und doch fällt jeder immer wieder darauf herein! Man hat manchmal den Eindruck,
dass "je größer die Dinge, umso leichter werden sie geschluckt": es genügt wenn
die meisten Medien davon sprechen. Die Journalisten (und Politiker) sind dennoch
nicht alle dumm oder korrupt: wie erklären Sie diese kollektive Blindheit, diese
einstimmige Trance der Medien und Politiker?
Thierry Meyssan: Die Presse hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend
verändert. Die Zahl der Journalisten in den Vereinigten Staaten sank um zwei
Drittel seit dem 11. September. In der Tat gibt es dort fast keine Journalisten
mehr, sondern viele Redaktoren, die die Depeschen der Agenturen für
unterschiedliche Zielgruppen anpassen. Das ist überhaupt nicht dasselbe.
Danach überwog die kommerzielle Logik weitgehend das Anliegen zu informieren.
Gegen die München-Charta zu verstoßen, welche die Rechte und Pflichten der
Journalisten festlegt, wurde für die meisten von ihnen Gang und Gebe, ohne die
geringste Ablehnung hervorzurufen, weder in der Profession, noch in der
Öffentlichkeit. Zum Beispiel, niemand protestiert, wenn die Presse Konten von
einer Bank oder einer Anwaltskanzlei ausstrahlt, angeblich um Betrüger zu
entdecken; oder wenn eine Zeitung einen Gerichtswortlaut veröffentlicht, der
geheim gehalten werden soll, um, so scheint es, die Schlechtigkeiten eines
Beschuldigten zu enthüllen; aber was ist mit der Vertraulichkeit dieser Berufe?
Wollen Sie wirklich, dass die Presse Ihre Bank-Bewegungen und Ihren
Scheidungsfall offenlegt? wollen Sie als schuldig bezeichnet werden nach einer
Anhörung vor einem Richter? Also warum akzeptieren Sie es, wenn es um bekannte
Personen geht?
Schließlich sind die Presse und ihre Leser in der Regel nicht mehr daran
interessiert, die Welt zu verstehen und sind böse geworden. Vor zwanzig Jahren
schrieben mir meine Leser, diesen oder jenen zu kritisieren, ohne seine
Verdienste zu erwähnen. Heute ist es umgekehrt, sie beschuldigen mich, die eine
oder andere Persönlichkeit zu loben, aber ihre „Versager“ zu verschweigen.
Es ist so, weil wir diese Drift akzeptiert haben, dass wir leichtgläubig
geworden sind und nicht umgekehrt. Die politischen Entscheidungsträger haben
unser kollektives Verhalten angenommen. Wenn man also Präsident Hollande fragt,
warum er diese oder jene außenpolitische Entscheidung getroffen hat, antwortet
er, dass er auf die Erwartungen der Presse reagieren musste. Das heißt, er macht
seine Politik nicht nach Beratung durch seine Verwaltung und Diskussionen mit
seinen engsten Beratern, sondern indem er die Zeitung liest.
Man ist an einem kreisförmigen System angelangt: Journalisten folgen den
Politikern, welche ihrerseits den Journalisten folgen. Niemand hat Kontrolle
über die Realität.
Voltaire Netzwerk: Viele Werke haben über den "Arabischen Frühling"
geschrieben; fast alle bieten eine vereinfachende Lektüre von den Geschehnissen,
die sich spontan abspielen (der berühmte "Wind der Freiheit" der die
herrschenden Diktatoren hinwegfegt), der romantischen oder sogar naiven
Vorstellung der Pariser entsprechend, von der französischen Revolution. In
diesem Zusammenhang verwundert Ihr Buch – milde gesagt! Weshalb ist Ihre Analyse
gerechtfertigt, oder mit anderen Worten, warum ist sie nicht einfach eine
"Verschwörungstheorie"?
Thierry Meyssan: Erstens, während der französischen Revolution hat der
König verraten, indem er die Hilfe der ausländischen Armeen suchte, um sein Volk
zu unterdrücken. Er wurde daher abgesetzt. Aber in keinem der sieben Länder, wo
der Arabische Frühling stattfand, wurde das Staatsoberhaupt von seinem Volk
abgesetzt. Wirklich seltsam, nicht wahr?
Dann haben wir viele Zeugnisse und mehrere Dokumente, die die Vorbereitung
dieser Ereignisse durch die Angelsachsen seit 2004 belegen. Da es immer eine
Verzögerung zwischen der Entscheidungsfindung, der Bereitstellung der
notwendigen Teams und der Realisierung des Projektes gibt, und da wir kein
Gedächtnis haben, waren wir überrascht durch das, was man uns doch bekannt
gegeben hatte.
Verstehen Sie mich nicht falsch: es haben Protestbewegungen in jedem dieser
Länder stattgefunden, aber in keinem war es eine Revolution die darauf abzielte,
das Staatsoberhaupt zu stürzen und die Gesellschaft zu demokratisieren. Wir
projizieren unsere Fantasie auf Ereignisse, die einer anderen Natur sind.
Die "Arabischen Frühlinge" sind nur die Wiederholung des "großen arabischen
Aufstandes von 1916": eine Bewegung, die jeder damals für spontan hielt. Jedoch
stimmen heute alle Historiker überein, wie sie komplett von den Briten
manipuliert und gestaltet wurde. Außer, dass es dieses Mal keine romantische
Figur wie Lawrence von Arabien gibt, um wie er an die Versprechungen seiner
Vorgesetzten in London zu glauben. All dies wurde mit einem perfekten Zynismus
ausgeführt.
Voltaire Netzwerk: Thierry Meyssan, diejenigen die Ihnen folgen und
Sie regelmäßig lesen, wissen, dass Sie ein Mann des Friedens sind. Sie sind auf
dem Boden des Konflikts seit mehr als 6 Jahren, Ihr Blick und Ihre Analysen sind
wertvoll und verdienen mindestens rechtliches Gehör; Jedoch Sie erzählen, wie
Sie manchmal auch aktiv bei Ereignissen (sowohl in Syrien als in Libyen, Iran
und Russland) mitgemacht haben, daher diese Frage: ohne Sie anzuklagen "der
Freund der Mullahs und der schlimmsten Diktatoren" zu sein - das wäre eben
dämlich - könnten wir nicht berechtigterweise denken, dass Ihr Kampf gegen den
Imperialismus Sie blind macht? Dass Sie nicht "objektiv sind "? Oder dass Sie
für die Propaganda der Gegenseite anfällig sind? Dass Sie sogar davon ein Vektor
sind!
Thierry Meyssan: Ich frage mich jeden Tag und ich hoffe auch Sie, der Sie
jenseits der Grenze leben, Sie fragen sich jeden Tag für sich. Wo immer Sie
leben, werden sie immer von Ihrer Umgebung beeinflusst. Ihre Situation in Europa
ist jedoch nicht besser als meine hier.
Jeder von uns muss sich bemühen objektiv zu werden. Es ist nicht spontan. In
einem Konflikt müssen wir versuchen zu verstehen, wie unsere Gegner die Lage
analysieren. Nicht um sie besser zu bekämpfen, sondern um möglicherweise
einander näher zu kommen.
Das sei vorausgesetzt, und da man auch weiß, dass die politische Verantwortung
darin besteht, dauerhaft die wenigst-schlechteste Lösung zu wählen, behaupte ich
nicht, Heiligen gedient zu haben, aber wohl den Besten. Deshalb habe ich nicht
George W. Bush, Barack Obama gedient, die den Erweiterten Nahen Osten zerstört
haben, nicht Nicolas Sarkozy, der Libyen zerstört hat oder François Hollande,
der Syrien zerstört hat. Im Gegenteil, ich habe für Hugo Chávez gearbeitet, der
sein Volk dem Analphabetismus entrissen hat, für Mahmoud Ahmadinedschad, der den
Iran industrialisiert hat, für Muammar Gaddafi, der der Sklaverei in Libyen ein
Ende gesetzt hat und für Baschar Al-Assad, der die syrische arabische Republik
vor den Dschihadisten-Horden gerettet hat. Niemals hat man mich aufgefordert,
etwas zu tun wofür ich erröten könnte, und wenn man mich darum gebeten hätte,
hätte ich es ausgeschlagen.

Quelle: voltairenet.org (verlinkt) |
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Voltaire Netzwerk: Wenn man Sie liest, wird man wirklich schwindlig, da alles
was Sie schreiben völlig anders ist als die Erzählung, die davon im Westen
gemacht wird. Wie ist das möglich?
Thierry Meyssan: Im Westen gibt es keine autoritären Regime, aber die Propaganda
ist jeden Tag am Werk. Sie wird nicht von oben angeordnet, sondern von unten
erwartet. Sie triumphiert nur, weil wir die Wahrheit nicht wissen wollen; weil
wir die Verbrechen, die in unserem Namen begangen werden nicht kennen wollen.
Wir sind wie Straußvögel, die ihre Köpfe im Sand verstecken.
Der beste Beweis dafür ist der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich. Bis
heute hat praktisch keiner der Hauptanwärter gesagt, was er als Präsident tun
würde. Alle erklären, was ihr Ministerpräsident in wirtschaftlichen
Angelegenheiten tun sollte, aber keiner wagt von der Verantwortung des
Präsidenten, Funktion die sie anstreben, zu sprechen: die Außenpolitik und die
Verteidigung des Vaterlandes. Jedoch zur Zeit der Globalisierung ist es einfach
unmöglich, wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen, ohne vorher das Land auf der
internationalen Bühne neu zu positionieren. Aber es gibt nur wenige, die es
wagen, die internationalen Beziehungen zu analysieren, das Thema wurde Tabu.
Voltaire Netzwerk: Die Terroranschläge von Daesch und Al-Kaida in Frankreich in
den letzten 2 Jahren haben den medialen Diskurs ein wenig verändert, vor allem
nach dem Gemetzel des 13. November in Paris; plötzlich gaben die Medien den
dissonanten Stimmen hier und da ein wenig Echo - vorher nicht hörbar -, die die
guten Gründe der französischen Politik in Libyen und Syrien in Frage stellen,
und auch die besonderen und privilegierten Beziehungen, die unsere Politiker mit
Katar und Saudi-Arabien pflegen. Und dann sind wir wieder sehr schnell zum
Status Quo Ante zurückgekommen: "Baschar", der Henker, muss gehen...
Thierry Meyssan: Wieder einmal nehmen Sie Dinge verkehrt. Der Generaldirektor
der Inneren Sicherheit, Patrick Calvar, sagte vor einem Kongress-Ausschuss, dass
er wusste, wer die Attentate gesponsert hatte, aber dass er sie nicht nennen
würde. Tatsächlich ist es nicht er, der es sagen sollte, sondern der Präsident
der Republik, François Hollande.
Aber wie ich in „Sous nos yeux“ erkläre, haben Alain Juppé und François Hollande
geheime internationale Verpflichtungen akzeptiert, die sie nicht halten konnten.
Wegen diesem Betrug hat Recep Tayyip Erdogan dieses Attentat und das von Brüssel
gesponsert, die er beide auch schon im Voraus begrüßt hatte. Diese beiden
Operationen wurden von zwei verschiedenen Kommandos ausgeführt, mit Ausnahme von
Mohamed Abrini, vom britischen MI6, der an beiden teilgenommen hat.
Unsere aufeinander folgenden Regierungen haben so erbärmliche Entscheidungen
getroffen, dass sie nicht wagen, sie zuzugeben. Ich habe diese Situation in
meinen Artikeln behandelt, aber nur durch die Blume. Diese Situation kann nicht
länger andauern. Ich kann nicht mehr ertragen, dass unsere Landsleute im
Bataclan und auf den Café-Terrassen sterben. Ich habe dieses Buch geschrieben,
um die schmutzige Wäsche zu waschen, alle schmutzige Wäsche, und damit wir uns
ändern.
Voltaire Netzwerk: Mit diesem Buch gehen Sie in die zwar nahe Vergangenheit
zurück, die aber scheinbar schon vergangen ist: Ich denke an die extravagante
Friedens-Rede von Dominique de Villepin bei den Vereinten Nationen im Jahr 2003,
und an die illegale militärische Aktion gegen Libyen im Jahr 2011. Wie haben in
Frankreich in so kurzer Zeit (8 Jahre) unsere "Eliten" zum totalen Triumph der
Thesen der US-Neokonservativen und ihrer „Selbst-erfüllenden Prophezeiung“ des
"Zusammenstoß der Zivilisationen" und zum "Krieg ohne Ende gegen den
Terrorismus" beitragen können?
Thierry Meyssan: Erstens gibt es aus meiner Sicht keine Prophezeiung: den
"Zusammenstoß der Zivilisationen" und den "Krieg gegen den Terror" hat es nie
gegeben. Es gibt nur einen Krieg eines Imperiums und seiner Verbündeten im Kampf
gegen die Völker des Erweiterten Nahen Ostens und des Donbass. Die Neuheit ist,
dass das Imperium nicht mehr durch das Weiße Haus regiert wird, sondern durch
den tiefen Staat, von dem wir mehrere Führer identifiziert haben.
Dann ist die Ausrichtung der europäischen Eliten auf die Obama-Administration
ein klassisches Phänomen der Zusammenarbeit mit dem Stärkeren. Sie geht heute
gegen die Trump-Administration weiter. So dass die Europäer in den Dienst der
amerikanischen Opposition geschlittert sind.
Voltaire Netzwerk: A propos: Sie machen einen bemerkenswerten Unterschied
zwischen den Präsidentschaften von Sarkozy und Hollande: letzterer hat den Krieg
in Syrien fortgeführt, den der erste sicherlich begonnen hatte, aber später
wegen Pragmatismus eingestellt hatte...
Thierry Meyssan: Ja, obwohl Präsident Sarkozy sich mit Bedacht aus Syrien
zurückzog, hatte er zuvor die Kämpfe in der Goldküste und in Libyen bis zu ihrem
Ende weitergeführt. Aber das wichtigste ist woanders. Die Sarkozy-Regierungen
haben sich über die französische Beteiligung an dem britischen Plan des
"arabischen Frühlings" gespalten.
Also sollten wir diejenigen würdigen, die Präsident Sarkozy davon überzeugt
haben, Frieden zu machen. Da ist es aber, wo es kompliziert wird: sie wurden
fast alle vom System bestraft. Während Alain Juppé von den Medien bejubelt wird,
ist der Präfekt Édouard Lacroix physisch eliminiert worden, Claude Guéant wurde
zu Gefängnis verurteilt, Bernard Squarcini und François Fillon werden von der
Justiz verfolgt. Nur Gérard Longuet ist gut davongekommen. Verstehen Sie bitte,
dass diese Art von Beispiel alle diejenigen abkühlt, die heute den Krieg beenden
könnten.
Voltaire Netzwerk: Ihr Buch beginnt mit der folgenden Resolution der Vereinten
Nationen: "Alle Staaten müssen sich enthalten, subversive bewaffnete Aktivitäten
oder Terroristen zu organisieren, zu helfen, zu schüren, zu finanzieren, zu
fördern oder zu tolerieren, um mit Gewalt das Regime eines anderen Staates zu
ändern, sowie um in die Machtkämpfe in einem anderen Staat einzugreifen." Diese
relevante Erinnerung an die Basis des Völkerrechts scheint von den meisten
unserer Politiker, Journalisten und Medien, die ihre Worte aufnehmen ohne sie
jemals zu hinterfragen, völlig ignoriert zu werden.
Thierry Meyssan: Dieses Zitat ist von der Resolution entnommen, die die
Bedeutung der Charta der Vereinten Nationen im Detail beschreibt. Es ist ein
Referenztext, den alle Diplomaten und Fachjournalisten natürlich studiert haben.
Ihn vergessen, zeigt, dass man nicht mehr gewillt ist, die Grundsätze des
Völkerrechts zu verteidigen. Wir leben heute in einer scheinheiligen Welt, wo
Politiker und Beamte der Vereinten Nationen sich auf die Charta berufen, aber
sie dauerhaft missbrauchen. Wie ich in diesem Buch detailliert zeige, werden die
aktuellen Kriege im Nahen Osten und im Donbass politisch und logistisch von der
Nummer 2 der Organisation der Vereinten Nationen geführt: von Jeffrey Feltman.
Voltaire Netzwerk: In diesem Buch, im Gegensatz zu den vorangegangenen, haben
Sie beschlossen, nicht die Quellen anzugeben und auch keine Fußnoten. Warum
diese Wahl, die Sie der Kritik Fabeln zu erzählen aussetzen wird, die sicher
gegen Sie geltend gemacht werden wird? Ist es eine Wette auf die Intelligenz der
Leser?
Thierry Meyssan: Im Jahr 2002, im Buch
L’Effroyable imposture 1 [11. September
2001: Der inszenierte Terrorismus] hatte ich die offiziellen Quellen aus dem
Internet zitiert. Zu dieser Zeit machte man es noch nicht so. Nur wenige Leute
hatten übrigens schon Zugang zum Internet. Ich wurde kritisiert, mich nicht auf
die einzige ernstzunehmende Quelle zu stützen: das Papier. Im Jahr 2007 in
L’Effroyable imposture 2 (über den Krieg, der gerade gegen den Libanon
stattgefunden hatte), habe ich Hunderte von Nachrichtenagentur-Depeschen und
offizielle Berichte zitiert. Da man mir nichts vorwerfen konnte, hat die Presse
das Buch einfach ignoriert. Dieses Mal habe ich meine Quellen nicht zitiert. Die
Leute, die ich in Frage stelle, werden vielleicht leugnen und mich der Konfabulation beschuldigen. Wenn sie öffentlich darüber diskutieren wollen, bin
ich bereit, ihnen zu antworten.
Wissen Sie, zwischen 2002, 2007 und 2017 habe ich viel erlebt, viel gelernt und
bin reifer geworden. Niemand in Frankreich hat an den Ereignissen so sehr
teilgenommen wie ich.
Voltaire Netzwerk: Vor 10 Jahren, erhielt Ihr Buch
L’Effroyable Imposture 2.
Manipulations et désinformations keine einzige Rezension in den Medien. Ihr
Image war bei den Buchhändlern derart schlecht - auch sie waren Opfer der
Propaganda - dass sie es mit Zurückhaltung begrüßten, indem sie es nicht
sichtbar ins Schaufenster stellten (wie jede Neuheit von einem Bestseller-Autor)
sondern unsichtbar hinten im Regal, oder sogar völlig versteckt vor der
Öffentlichkeit, in der Reserve (wo die Lager aufbewahrt werden). Es war aber
sehr gut verkauft worden. Angesichts des fast hysterischen Klimas, das "Baschar",
Putin und Trump umgibt, ist es klar, dass es nicht besser empfangen werden wird:
Können wir optimistisch sein, was den Erfolg seiner Enthüllung betrifft?
Thierry Meyssan: Es ist eine andere Zeit. Vor ein paar Jahren glaubten die
meisten von uns alles, was von Le Monde gesagt wurde. Heute stellt die Mehrheit
die Widersprüche der selbstgerechten Rhetorik in Frage.
Beispielsweise nehmen wir an, dass Al-Kaida eine Gruppe von anti-westlichen
Fanatikern wäre, die die Anschläge vom 11. September begangen hätten, wie ist es
möglich, dass man von General Carter Ham (Kommandant des AfriCom) verlangt hat,
sich auf Al-Kaida in Libyen zu stützen - was ja seinen Protest ausgelöst hat und
das Ende seiner Mission -? Warum hat Laurent Fabius die arabischen Staaten
unterstützt, warum hat Al-Qaida, ihm zufolge, "einen guten Job" in Syrien
gemacht? Warum hat Frankreich Al-Qaida in Syrien Munition geschickt?
Wir können also hoffen, dass sie einzeln, die einen nach den anderen, die
Franzosen im Allgemeinen - und so auch die Buchhändler – überdenken werden, was
sie seit dem Anfang zu wissen glaubten. Wenn die Tatsachen anscheinend
inkonsequent sind, auf welchem Niveau befindet sich ihre Logik?
Voltaire Netzwerk: Thierry Meyssan, vielen Dank für Ihre Zeit und noch mehr für
dieses außergewöhnliche Buch,
das ich Ihren Lesern empfehle und sie einlade, es
so weit wie möglich um sie herum zu verbreiten. Ein letztes Wort zum Abschluss?
Thierry Meyssan: Jeder muss sich jetzt positionieren, angesichts dessen, was im
Erweiterten Nahen Osten begonnen hat. Es hat in fernen Ländern begonnen, aber es
kommt jetzt auf uns zu. Die Attentate einerseits, die Kriegs-Propaganda
andererseits, sind ja schon da. Und wenn wir uns weigern, die Wahrheit zu
erkennen, werden wir durch die Kräfte zermalmt werden, denen wir weiterhin als
Verbündete dienen. Je mehr wir warten, desto schwieriger wird es, unsere
Freiheit bei uns zu verteidigen.
Autor:
Thierry Meyssan |
Übersetzung:
Ralf Hesse
Meyssan,
Thierry

Quelle: voltairenet.org
(verlinkt) |
|
Thierry Meyssan: Französischer Intellektueller, Präsident und Gründer des Réseau
Voltaire und der Konferenz Axis for Peace. Er veröffentlicht Analysen über
ausländische Politik in der arabischen, latein-amerikanischen und russischen
Presse. Letztes, auf Französisch veröffentlichte Werk : L’Effroyable imposture :
Tome 2, Manipulations et désinformations (hg. JP Bertand, 2007).
Dieser Beitrag ist unter Lizenz der Creative Commons
(CC BY-NC-ND)
Link zum Originaltext bei ' voltairenet.org ' ..hier
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Tags:
Voltaire Netzwerk, Sous nos yeux, Vor unseren Augen, 11. September,
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