|
<< zurück |
Home |
JWD-Nachrichten | Teilen
|
05.07.2015 15:30
Die Fakten über Griechenland
und der deutsche Qualitätsjournalismus
Dass die Mehrheit der deutschen Medien in Sachen
Griechenland total von der ideologischen Rolle sind, muss man fast nicht mehr
erwähnen. Unsere Leser überschütten uns Tag für Tag mit Hinweisen auf
tendenziöse, ideologische und sogar hetzerische Beiträge. - Besonders dreist
fälschen naturgemäß kurz vor dem Referendum die Zeitungen, die sich seit Beginn
des Jahres dem Kampf gegen SYRIZA verschrieben haben.
[Quelle: flassbeck-economics.de] JWD
Ich will heute nur auf ein besonders krasses Beispiel hinweisen, obwohl wir
schon einige Male in diesem Fall die Fakten richtig präsentiert hatten (zum
Beispiel
hier und
hier).
In der FAZ schreibt Rainer Hermann, Redakteur in der Politikredaktion, über
die „griechische Krise in Zahlen“:„Griechenland war im zweiten Halbjahr 2014 auf gutem Weg. Zuvor war in den sechs
Jahren seit dem Ausbruch der Krise das Bruttoinlandsprodukt um ein Viertel
geschrumpft, im dritten Quartal 2014 wuchs es aber erstmals wieder um 1,7
Prozent.“ Das vierte Quartal, in dem die griechische Wirtschaft wieder geschrumpft ist,
hat er natürlich ebenso „übersehen“ wie die Tatsache, dass auch vorher nichts
auf gutem Weg war.
Und weiter: „Die damalige griechische Regierung und die Gläubiger waren
zuversichtlich, dass die Talsohle durchschritten sei. Für 2015 prognostizierten
sie ein Wachstum von 2,9 Prozent. Die politische Unsicherheit, die im Dezember
2014 einsetzte und im Januar zu Neuwahlen führte, zeigten indes, wie fragil die
Erholung war. Dabei war das Geschäftsklima bis Anfang 2015 so gut wie viele
Jahre nicht.“ Zum einen verwendet er eine Prognose der Gläubiger als Beweis (von
denen wir wissen, wie falsch sie in der Regel sind, siehe
hier), zum andern
haben wir (hier) gezeigt, dass das Geschäftsklima nichts mit der tatsächlichen
Entwicklung in Griechenland zu tun hat.
Weiter:„Vor allem kleine und mittelständische Betriebe setzten auf Wachstum;
sie stellten Arbeitnehmer ihre ein, so dass im Winter die Arbeitslosenquote von
27 auf 25 Prozent zurückging. Die Industrieproduktion stieg bis zum Februar…“.
Das ist besonders dreist, weil die Industrieproduktion nur im Februar kurz stieg
(das war allerdings schon unter der Regierung Tsipras, siehe unten) und der
Rückgang der Arbeitslosigkeit ist in Zeiten, wo sich sonst wirtschaftlich nichts
verbessert, einfach Ausdruck nachlassender Hoffnung der Menschen, dass sie einen
Arbeitsplatz finden, folglich melden sie sich nicht mehr arbeitslos.
Die Industrieproduktion will ich noch einmal gesondert und größer als sonst bei
uns üblich zeigen. Die Abbildung zeigt sonnenklar, dass bis Januar 2015 von
einer Aufwärtsbewegung in keiner Weise die Rede sein kann. Im Dezember 2014 und
im Januar 2015 war mit 87 (bei diesem Index 2010=100) der gleiche Wert erreicht,
um den herum auch schon Anfang 2014 die Industrieproduktion schwankte und der
auch im Juli schon einmal genau erreicht war. Eine Aufwärtsbewegung gab es im
Februar und im März (bis auf 90), aber im April fiel die Produktion schon wieder
auf den Wert 88 zurück.
Quelle: flassbeck.economics.de (verlinkt)
Angesichts dieser Entwicklung zu sagen, bis Februar sei die Industrieproduktion
gestiegen, ist eine glatte und gravierende Verdrehung der Tatsachen*. Nur im
Februar und im März stieg die Industrieproduktion.
Das könnte man glatt, in der
Art der Faktenverdrehung der FAZ, als SYRIZA-Aufschwung darstellen, denn
offenbar herrschte Aufbruchsstimmung in dem Land. Aber das ist natürlich auch
Unsinn. Die ganze Entwicklung, so wie sie sich über diesen Zeitraum darstellt,
ist insgesamt nur als Stagnation zu interpretieren. Jedes hineindeuteln von
konjunkturellen Entwicklungen ist Kaffeesatzleserei.
Fest steht nur, dass es
keine Anzeichen dafür gibt, weder vor noch nach SYRIZA, dass Griechenland aus
der Talsohle entkommen könnte.
Die deutschen „Qualitätsmedien“ beklagen mehr und mehr, dass ihnen das Internet
das Wasser abgräbt. Außerdem wehren sie sich mit Händen und Füßen gegen die
Kritik an ihrem ideologischen und demagogischen Vorgehen und bestreiten
vehement, was einfach nicht zu bestreiten ist. Auf wunderbare Weise hat die
Satiresendung extra 3 vom NDR das gerade am Beispiel von Sigmund Gottlieb vom
Bayrischen Rundfunk gezeigt (hier zu finden).
In einem Verteidigungsstück der üblichen Art
schrieb Götz Hamann in der ZEIT, es
würden in den traditionellen Medien „… mehr investigative Reporter beschäftigt
denn je, und viele Reportagen verbinden mittlerweile faktenreichen Journalismus
mit einer wunderbaren Sprache.“ [...]
Weiterlesen im Originaltext bei ' flassbeck-economics.de '
..hier
|
|