<< zurück | Home | JWD-Nachrichten | Teilen |

20.01.2014 15:15
Das Freiheitsmonster von Schloss Bellevue - hat wieder zugeschlagen
Der Überwachungsschock scheint überwunden, jetzt wird wieder die Freiheit geleiert. Und, man höre und staune, intellektuelle Redlichkeit wünscht sich der Prediger auch noch und postuliert, "Freiheit in der Gesellschaft und Freiheit in der Wirtschaft gehören zusammen". JWD


Beim Lesen der "Hinweise des Tages" in den Nachdenkseiten wurde ich per Link zu folgendem Artikel geführt:

20.01.2014 [Quelle: ad-sinistram.blogspot.de / Roberto De Lapuente]
Das hohle Geschwätz eines redlichen Intellektuellen
Gauck wünscht sich mehr intellektuelle Redlichkeit. Gut. So will ich mich darin versuchen, lasse einige seiner Blüten links liegen, die er im Walter-Eucken-Institut fallen ließ, und stürze mich auf diesen einzigen Satz, der als zentrale Botschaft seiner Rede gelten kann: "Freiheit in der Gesellschaft und Freiheit in der Wirtschaft gehören zusammen."

So, nun mal ganz redlich. Durchleuchten wir dieses Konstrukt aus dem Mund des Bundespräsidenten mal intellektuell. Stellen wir zunächst mal einige kritische Fragen, die sich zwangsläufig aufdrängen: Ist eine Gesellschaft unfrei, wenn sie der Wirtschaft Maßgaben abverlangt, die zum materiellen und geistigen Wohl aller beitragen sollen? Ist sie es, nur weil sich ihre Wirtschaft an Regeln zu halten hat, die das Zusammenleben aller Menschen verbessern soll? Ist die Gesellschaftsfreiheit nur möglich, wenn Wirtschaftsfreiheit heißt, so wenig Steuern wie nur möglich bezahlen zu müssen?

Ich stelle mir mal vor, dass ich Teil der Wirtschaft bin. Also der Teil der Wirtschaft, den Gauck meint, wenn er von Wirtschaft spricht. Unternehmer also. Ich stelle mir vor, ich hätte einige Mitarbeiter, die irgendwas für mich fertigen oder verpacken oder zubereiten. Demnach leben wir in einer Wirtschaft, in der ich als Unternehmer Freiheiten habe, die annähernd uneingeschränkt sind. Ich kann feuern. Ich kann wiedereinstellen. Ich kann mich so um Lohnfortzahlung oder Urlaubsansprüche drücken. Ich kann für geringen Lohn arbeiten lassen. Ich müsste nicht auf lästige Schutzgesetze Rücksicht nehmen. Ich wäre frei.

Merkt ihr was? Es heißt nur noch: Ich, ich, ich. Die unternehmerische Freiheit, die Gauck als "Freiheit in der Wirtschaft" bezeichnet, zeitigt egomanische Anwandlungen. Komisch, denn die Angestellten wären ja auch Teil derselben Wirtschaft. Wenn die sich aber die Freiheit nehmen, einen Mindestlohn haben zu wollen, sieht man das als Anschlag auf diese "Freiheit in der Wirtschaft" an. Es gibt also nur die eine Freiheit - die andere Freiheit nennt sich dann Zwang. Aber uns allen will der Mann aus Bellevue erklären, dass sich viele Deutsche vor der Freiheit fürchten. Die Unternehmer, die die Freiheit des Mindestlohns fürchten, meint er aber ganz sicher nicht. [..]

[..] Ach so ... nur eines noch. Über eine Sache denke ich gerade noch nach. Wie kann ein Mann, der ganz ohne Wettbewerb Bundespräsident, der von vier Fünfteln des politischen Establishments zum Konsenskandidaten erkoren wurde, Sätze sagen wie "Ungerechtigkeit gedeiht gerade dort, wo Wettbewerb eingeschränkt wird"? Ich glaube, er wollte Selbstgerechtigkeit statt Ungerechtigkeit sagen. Dann gäbe der Satz zumindest im Bezug auf Gaucks präsidiale Situation sogar einen Sinn.

Weiterlesen im vollständigen Originaltext bei ' ad-sinistram.blogspot.de ' ..hier


Passend zum Thema:

20.01.2014 [Quelle: cicero.de / Wilfried Herz]
Gauck lobt den Neoliberalismus zu Unrecht
[Auszüge]
Bundespräsident Joachim Gauck irrt, wenn er dem Neoliberalismus huldigt. Denn ein Zuviel an Freiheit in der Wirtschaft kann die Freiheit des Einzelnen bedrohen. - Es ist schon verwunderlich, worüber sich unser Bundespräsident wundert – dass viele Deutsche „die marktwirtschaftliche Ordnung zwar für effizient, nicht aber für gerecht“ halten. Mit der Marktwirtschaft würden sie, klagt Joachim Gauck, zwar eine „gute Güterversorgung“ und „Wohlstand“ assoziieren, aber auch „Gier“ und „Rücksichtslosigkeit“. Seine gar zu schlichte Vermutung: Allzu viele fänden den Wettbewerb, der zum Kernbestand einer Marktwirtschaft gehört, „eher unbequem“.

Doch es ist wohl weniger die Bequemlichkeit der Bürger, es sind eher schlechte Erfahrungen mit der Marktwirtschaft, die die verbreitete Skepsis verursacht haben. Wenn Entlassungen von Beschäftigten stets mit dem Argument begründet werden, es müsse die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt oder wiederhergestellt werden, wenn mit dem selben Argument von Arbeitnehmern Bescheidenheit bei Löhnen gefordert wird und soziale Ansprüche gekürzt werden, gleichzeitig aber Chefs ihre Einkommen exorbitant steigern – kurzum: wenn die Besitzstände vieler über Jahre geschmälert, während die Besitzstände weniger ausgeweitet werden, dann darf sich eigentlich niemand wundern, wenn Argwohn und Zweifel an der bestehenden Wirtschaftsordnung wachsen. [..]

Gaucks Amtsvorgänger Horst Köhler, [..] hat es auf den Punkt gebracht: Wir hätten, räumte er ein, die vergangenen zehn, zwanzig Jahre mit der falschen Theorie gelebt, „dass man die Märkte und besonders den Finanzmarkt am besten sich selbst überlasse, weil der freie Wettbewerb und die ökonomische Rationalität der Marktteilnehmer schon für ausreichende Transparenz und Kontrolle sorgen würde“. Dadurch wurde einer im Weltmaßstab kleinen Gruppe gewissenloser Finanzjongleure ermöglicht, sich auf Kosten ganzer Volkswirtschaften immens zu bereichern. [..]

Die Folgen sind bekannt: Zerstörungen von Wohlstand und Zukunftschancen gigantischen Ausmaßes, wirtschaftlicher Abschwung und zusätzliche Millionenheere von Arbeitslosen, neue gewaltige staatliche Schuldenberge, unter deren Lasten noch künftige Generationen zu leiden haben. [..]

Als Apologet der großen Freiheit stützt sich Gauck auf den Ökonomen Walter Eucken, [..] Vor allem wollte er den Wettbewerb einsetzen, um wirtschaftliche Macht zu begrenzen.

[..] Das Ziel seiner Politik der Wettbewerbsordnung war es, „den spontanen Kräften der Menschen zur Entfaltung zu verhelfen und zugleich dafür zu sorgen, dass sie sich nicht gegen das Gesamtinteresse wenden“. Nur sein Ideal der „vollständigen Konkurrenz“ bleibt eine Illusion, weil es eine Machtbalance voraussetzt, die in der Praxis nicht gegeben ist. [..]

Das Problem ist: Gauck malt das Bild von Wirtschaft und Gesellschaft mit zu groben Pinselstrichen. Es geht nicht um ein Entweder-oder – hier Lenkung durch den Staat, dort die Freiheit – sondern um ein Zusammenführen von vermeintlichen und ein differenziertes Abwägen von tatsächlichen Gegensätzen. Fragen und vor allem die Antworten [..] Und wann wird die Freiheit des einen zur Unfreiheit des anderen? Wie müssen diese Grenzen justiert werden?

Was aber völlig fehlte in Gaucks Rede vor den Eucken-Jüngern in Freiburg, ist das Thema Verantwortung. Ohne die Verantwortung für die Folgen des eigenen Tuns in der Gesellschaft kann es keine Freiheit geben. [..] dafür ein Klima in der Wirtschaft zu bereiten, hätte der Bundespräsident seine Rede nutzen können. Diese Chance hat er leider verpasst. [Ende Auszüge]

Weiterlesen im vollständigen Originaltext bei ' cicero.de ' ..hier


Anmerkung: Bei nüchterner Einschätzung des Wirkens unseres Bundespräsidenten während seiner bisherigen Amtszeit, drängt sich der Schluss auf: für diese Anforderung ist Joachim Gauck eine Fehlbesetzung. Wegen seines infantilen Freiheitsbildes, sowie seiner einseitigen theologischen Orientierung, bzw. das in diesen Denkstrukturen verhaftet sein, gepaart mit mangelndem sozial- und gesellschaftspolitischem Verständnis, fehlt im wohl die Kompetenz, dieses Amt mit angemessener Reputation auszuüben.
    (J. Gauck über sein Leben als Pfarrer in der  ehemaligen DDR)
    [..] „In der Begegnung mit den Gemeindemitgliedern aber habe ich die Angst verloren, vom Zweifel verschlungen zu werden. Ich konnte geistlich wachsen und selbst etwas ausstrahlen. Ich lernte, dass Glaube eigentlich ein Dennoch-Glaube ist, ein Glaube auch gegen den Augenschein; und dass es erlaubt ist, mit dem Zweifel in den Kreis der Glaubenden einzutreten, auch mit dem Zweifel zu leben und zu predigen. Ohne diese Erfahrung hätte ich das Leben als Pastor wohl nicht ausgehalten, denn oft gelangte ich an die Grenzen meiner theologischen Möglichkeiten.“ [..] [Quelle: Wikipedia ..hier]
Ob dies auch die Maxime des theologiestudierten Gauck ist, wenn er die Dogmen des Neoliberalismus predigt? - Nun, sein Religionsstifter Martin Luther, war ein Hasser der Vernunft*. Einer der ganz klar unterschied zwischen der privilegierten, alle Freiheiten besitzenden Oberschicht und den unbedingt unterwürfig zu sein habenden, rechtlosen Bauern, die das arbeitende Volk darstellten und nach Belieben ausgebeutet werden konnten und wurden. Aus neoliberaler Sicht sind dies wahrlich paradiesische Zustände.


*) Luther ohne Mythos - Das Böse im Reformer ..hier

 
<< zurück | Home |