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18.10.2013 21:25
Wirtschaftsinstitute u. Sachverständigenrat nur
Propagandainstrumente?
Claus Matecki, DGB-Vorstandsmitglied, weist auf
wohlwollend regierungsfreundliche, optimal terminisierte Gutachten im
pseudowissenschaftlichen Gewand hin. Nicht nur im aktuellen Herbstgutachten wird
eine Politische Linie vertreten, die für die Bundesrepublik Deutschland niemand
wollen könne. JWD
Claus Matecki schreibt: Pünktlich zu den
Sondierungsgesprächen: Herbstgutachten gibt Kanzlerin Schützenhilfe gegen
Mindestlohn und Steuererhöhungen
Wie passend: Pünktlich zu den neuen Sondierungsgesprächen mit der SPD
bestärkt das Herbstgutachten von fünf Wirtschaftsinstituten Kanzlerin Merkel
in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einem gesetzlichen Mindestlohn in
Höhe von 8,50 Euro pro Stunde und Steuererhöhungen und gibt ihr eine quasi
amtliche Grundlage.
Angeblich würden höhere Steuern und ein gesetzlicher flächendeckender
Mindestlohn das Wirtschaftswachstum abwürgen. Die Wirtschaftsinstitute
kritisieren damit zwei Kernforderungen der SPD und Maßnahmen, die
insbesondere den Schwächeren in dieser Gesellschaft zu Gute kämen und die
sehr Vermögenden belasten würden. Gleichzeitig werden Investitionen
angemahnt. Das heißt im Klartext: Bei den Ärmsten sparen, um davon die
Infrastruktur zu finanzieren. Auf die Idee, Bezieher sehr hoher Einkommen
zur Finanzierung der nötigen staatlichen Aufgaben stärker heranzuziehen,
kommt offenbar keines dieser Wirtschaftsinstitute.
Und wieder wird das Mantra vom Arbeitsplätze vernichtenden Mindestlohn
bemüht. Verkehrte Welt: Weil in Ostdeutschland rund ein Viertel der
Beschäftigten von einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro profitieren
würden, muss etwas falsch sein an dem Mindestlohn, so die Logik der
Gutachter. Zum einen ist es ein Armutszeugnis für ein so reiches Land wie
Deutschland, dass in weiten Teilen des Landes 25 Prozent der Menschen noch
nicht einmal 8,50 Euro pro Stunde verdienen. Ihnen dann aber zuzurufen, dass
sie sich auch weiter bescheiden sollen, weil sonst ihr nicht Existenz
sichernder Arbeitsplatz wegfallen könnte, ist zynisch. [..] [Quelle:
dgb.de]
Weiterlesen im vollständigen Originaltext bei '
dgb.de ' ..hierAnmerkung dazu von
Wolfgang Lieb in den NachDenkSeiten: Wir haben auf den NachDenkSeiten immer wieder kritisiert,
dass die „führenden“ Wirtschaftsinstitute ihrem Auftraggeber, der derzeitigen
Bundesregierung, zu Diensten sind. Zuletzt vor der Wahl
..hier.
Dieses Zusammenspiel wird einmal mehr offensichtlich, wenn man sieht, wie die
CDU/CSU das Herbstgutachten für ihre politischen Zwecke und für die anstehenden
Koalitionsverhandlungen instrumentalisiert. Prompt erklärte heute der
stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Meister:
„Wer angesichts dieser Diagnose Steuererhöhungen fordert, riskiert leichtfertig,
die Binnennachfrage abzuwürgen und damit das Wirtschaftswachstum zu gefährden.
Stattdessen sollten wir die erfolgreiche Konsolidierungspolitik der vergangenen
Jahre weiter fortführen. Die Institute bestärken uns darin. Denn sie sehen als
Voraussetzung für das erwartete Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2014
sowohl einen eng begrenzten Ausgabenanstieg als auch den
Verzicht auf
steuerrechtliche Änderungen.“
Und der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU Kurt Lauk, zieht aus diesem
Gutachten natürlich
Futter im Kampf gegen den Mindestlohn: “Vor diesem
Hintergrund sollten sich auch die Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen bewusst
sein, welche negativen Auswirkungen ein flächendeckender gesetzlicher
Mindestlohn von 8,50 Euro auf den Arbeitsmarkt hat – insbesondere im Osten.“
Obwohl die Dienstleister der herrschenden Politik ihre Frühjahrsprognose von
mageren 0,8 Prozent Wirtschaftswachstum noch weiter auf 0,4 Prozent senken
mussten, wird der „Beginn eines Aufschwungs“ vorausgesagt und erst für das
kommende Jahr eine Zunahme der Wirtschaftsleistung von 1,8 Prozent
prognostiziert.
Es ist seit Jahren das immer gleich Prognosemuster, man lenkt von der schlechten
gegenwärtigen Situation ab und zeigt sich optimistisch für die Zukunft.
Flassbeck und Spiecker
schrieben schon zurecht Anfang dieses Jahres: „Kämen
Prognosen auf den Tisch, die klar eine Abwärtsspirale skizzieren, sähen sich die
Prognostiker sofort kritischen Nachfragen von Seiten ihrer Zuwendungsgeber
ausgesetzt, auf welche harten Fakten sich solche Vorhersagen denn stützten.
Blickt man jedoch einigermaßen frohgemut in die fernere Zukunft und sieht
zumindest am Ende des Prognosezeitraums eine Aufwärtsbewegung, unterbleiben
solche Nachfragen.
Das drängt die Prognostiker tendenziell in einen
Positiv-Bias… Wer etwas besser machen will, muss die in der Vergangenheit
gemachten Fehler erst einmal erkennen, bevor er gegensteuern kann, von der
Mühsal der Umsetzung vieler Vorsätze ganz abgesehen. Viel leichter ist das Leben
für die, die sich die Fehlentwicklungen in der Vergangenheit gar nicht so genau
anschauen und folglich auch keinen Anlass sehen, etwas zu ändern… Unter dem
Deckmäntelchen der Wissenschaft und scheinbar objektiver Bemühungen, die
unsichere Zukunft zu deuten, wird hier vor allem Politik gemacht.
Gesellschaftlich bedeuten sie eine massive Gefahr, weil sie systematisch von den
großen Themen ablenken und der Politik die Möglichkeit geben, diesen Themen
auszuweichen und Partialinteressen nachzugehen, bis der Krug schließlich
bricht.“
Eine wichtige Forderung der SPD in den Koalitionsverhandlungen müsste sein, die
Propagandainstrumente einer neoliberalen Angebotspolitik – das gilt sowohl für
die Wirtschaftsinstitute als auch für den Sachverständigenrat zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – abzuschaffen oder zumindest
mehrheitlich mit Wirtschaftswissenschaftler/innen zu besetzen, die nicht zweimal
im Jahr die Öffentlichkeit mit ihrer immer gleichen Ideologie und der
Wiederholung derselben Ratschläge in die Irre führen. [Quelle: nds.de
..hier]
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