|
<< zurück |
Home |
JWD-Nachrichten |
Teilen
|
10.12.2012 20:25
Steinbrücks Rede: Ein kräftiges Sowohl-als-auch
NachDenkSeiten - Albrecht Müller berichtet, viele Leser
hätten kritische Kommentare zu Steinbrücks Rede geschickt und stellt einige
gravierende Ungereimtheiten im Politikentwurf des Kanzlerkandidaten heraus. JWD
[Auszug]:
[..] Die Regie und die Rede waren so angelegt,
dass unentwegt und bei jeder kleinen witzigen Anmerkung applaudiert wurde. [..]
Ein durchgehender Grundzug der Rede war, dass Steinbrück fortschrittliche
programmatische Vorstellungen und die Orientierung an sozialen und
demokratischen Werten neben das Bekenntnis zur gegenläufigen Politik der
Regierungen Schröder und seiner eigenen Beteiligung in der Regierung Merkel zu
Zeiten der Großen Koalition gestellt hat.
Hier ein paar Beispiele für das Sowohl-als-auch, für die
Widersprüchlichkeit oder auch für Heuchelei, wie manche Beobachter meinen:
- Steinbrück setzt auf eine Richtungswahl mit einer neuen Gesellschaftspolitik und
der Orientierung an sozialen Werten und ist gleichzeitig stolz auf die Agenda
2010, die unsere Gesellschaft in die Richtung sozialer Unsicherheit getrieben
hat. Sozialdemokraten haben damit die Fliehkräfte und Spaltung der Gesellschaft
verstärkt, die Steinbrück jetzt beklagt.
- Steinbrück hat die Existenz von Niedriglöhnen, von Leiharbeit und ungleicher
Bezahlung beklagt und auf die grassierende Armut hingewiesen und gleichzeitig
Gerhard Schröder gelobt. Er hat dabei unter den Teppich gekehrt, dass genau
dieser sozialdemokratische Bundeskanzler sich der Einführung des besten
Niedriglohnsektors in Europa gerühmt hat.
- Steinbrück hat beklagt, dass es nach wie vor Ehegattensplitting, keinen
Mindestlohn und viele anderen sozialen Missstände gibt, und er hat dabei
unterschlagen, dass in der sozialdemokratischen Regierungszeit zwischen 1998 und
2005 genau diese Missstände hätten beseitigt werden können.
-
Steinbrück warnt davor, die wirtschaftliche Lage schlecht zu reden. Kassandra
sei nicht sehr beliebt, meint er. Dann aber beklagt er, dass sich viele Menschen
ausgeschlossen und abgehängt fühlen. Das seien inzwischen Millionen in
Deutschland. Das ist richtig gesehen. (Siehe Seite 9 und Seite 10 der Rede).
Hier zeigt sich auch eine der großen Schwächen der Position von Steinbrück und
der SPD.
Wenn man die wirtschaftliche Lage schönredet, dann wird man wenig
Ansatzpunkte finden, um Angela Merkel zu packen. Die Unsicherheit Steinbrücks
kommt schon in der Wortwahl zum Ausdruck. Er spricht von „stabilen
Arbeitslosenzahlen“ und „steigendem Wachstum“ (Seite 9, letzter Absatz). Das mit
dem steigenden Wachstum stimmt nicht und die Wortkombination „stabiler
Arbeitslosenzahlen“ ist ein Ungetüm.
- Steinbrück fordert den Ausbau öffentlicher Leistungen, etwa zur Versorgung mit
Wasser und „schlabbert“ dabei, dass seine Partei an vielen
Privatisierungsvorgängen und am Niedergang der öffentlichen Leistungen beteiligt
war und er selbst dafür geworben hat. Die Klage über mangelnde öffentliche
Leistungen passt auch nicht zur Zustimmung zur Schuldenbremse und Fiskalpakt.
Steinbrücks Bekenntnis zur Richtungswahl und zu einer anderen
Gesellschaftspolitik
Das finden wir immerhin in der Rede von Steinbrück. Ich rate dazu, ihn daran
immer wieder zu erinnern und den Wahlkampf Steinbrücks und der SPD zu nutzen, um
die Diskussion über die Grundsatzauseinandersetzung mit der neoliberalen
Ideologie voranzubringen. Gedanken dazu habe ich sowohl in einem Beitrag für die
FAZ als auch für den Freitag formuliert.
Damit keine falschen Fronten entstehen: ich will damit keine Illusionen nähren.
Mir geht es wirklich nur darum, dass wir endlich wieder über die grundsätzliche
Weichenstellung unserer gesellschaftlichen Entwicklung ins Gespräch kommen. Wenn
der Spitzenkandidat der größten Oppositionspartei diese Weichenstellung zum
Thema macht, dann kann mir das nur recht sein. [..] [Ende Auszug]
Link zum vollständigen Artikel von Albrecht Müller
..hier
| Rede von Peer Steinbrück (PDF)
..hier
|
|