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28.08.2012 20:30
Subversives Element Bertelsmann kapert den Sozialstaat und strebt feindliche Übernahme an
Mit seinem heutigen Artikel in den Nachdenkseiten, beantwortet Wolfgang Lieb häufig gestellte Fragen seiner Zuhörer. Die Ausführungen machen deutlich, wie das neoliberale Schlachtschiff Bertelsmann mit wirtschaftlicher und medialer Macht im Verbund mit diversen Stiftungen den Sozialstaat subversiv unterwandert und zunehmend auf staatliche Aufgaben Einfluss ausübt. Hinter der Fassade gemeinnütziger Stiftungen, die Neutralität suggerieren, werden demokratische Strukturen lahm gelegt und fremdgesteuert zu Gunsten von Einzelinteressen manipuliert.  JWD


Wolfgang Lieb schreibt in den Nachdenkseiten am 28.08.2012:
Häufig gestellte Fragen: Welche Ziele verfolgt Bertelsmann in der Hochschulpolitik?
[..]
  • Welche Ziele verfolgt Bertelsmann in der Bildungspolitik?

     
  • Wie gehen Bertelsmann und CHE vor, um ihre Ziele umzusetzen?

     
  • Welchen Einfluss hat das CHE auf den Prozess der Ökonomisierung, speziell auf das Hochschulfreiheitsgesetz in NRW ausgeübt?

[Auszüge]:
[..] Welche Ziele verfolgt Bertelsmann in der Bildungspolitik?

Die Bertelsmann Stiftung ist – entgegen dem Anschein, den sie zu erwecken versucht – keine gesellschaftspolitisch neutrale Einrichtung zu uneigennützigen Zwecken. Man kann dem verstorbenen Firmenpatriarchen Reinhard Mohn nicht einmal vorwerfen, dass er mit seiner „Mission“ hinter dem Berg gehalten hätte. Jeder kann diese noch heute auf der Website der Bertelsmann Stiftung oder etwa in Mohns Buch „Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers“ nachlesen.

Mohn und mit ihm die Bertelsmann Stiftung vertreten eine Art deutschen Sonderweg in die wirtschaftsliberal globalisierte Welt, der auf eine korporatistische Unternehmenskultur setzt, der den Sozialstaat als überdehnt oder gar überholt betrachtet und der eine über den Wettbewerb hergestellte Effizienz als Steuerungsinstrument an die Stelle von Mitbestimmung und demokratischer Gestaltung setzen will.

Und immer geht es deshalb auch um ein Zurückdrängen des Staates, eine Verringerung der Staatsquote und – als Mittel dazu – um die Senkung der Steuerlast. „Es ist ein Segen, dass uns das Geld ausgeht. Anders kriegen wir das notwendige Umdenken nicht in Gang“, sagte Reinhard Mohn schon 1996 in einem Stern-Interview.

Im Hinblick auf diese Mission ist die Stiftung – wie Harald Schumann im Tagesspiegel schrieb – eine „Macht ohne Mandat“.

Bertelsmann ist geradezu zu einem „informellen Bundesbildungsministerium“ geworden.

Unter dem Pathos der „Gemeinwohlverpflichtung“ oder „Wir helfen der Politik, dem Staat und der Gesellschaft, Lösungen für die Zukunft zu finden“ (so Reinhard Mohn) gibt es kaum ein politisches Feld von Bedeutung, wo die Bertelsmann Stiftung mit ihren Handreichungen nicht ihre Lösungsangebote macht.

Besonders engagiert ist die Bertelsmann Stiftung auf dem Feld der Hochschulpolitik. Hochschulen werden von Reinhard Mohn – richtigerweise – als „Schlüssel zur Gesellschaftsreform“ angesehen. [..]

Mohn war einer der Gründungsväter und bis vor einigen Jahren der Hauptsponsor der 1983 gegründeten ersten deutschen Privaten Universität Witten-Herdecke. Diese sollte „Stachel im Fleisch“ der staatlichen Hochschulen sein.

Witten-Herdecke schaffte es nie so richtig finanziell auf die Beine zu kommen und wäre der Privaten Uni der Staat nicht zur Seite gesprungen wäre sie wohl schon längst Pleite gegangen. [..]

[Das vom verstorbenen Bertelsmannchef Reinhard Mohn 1994 gegründete Centrum für Hochschulentwicklung CHE hat] ein vielfältiges Netzwerk finanzstarker Unterstützer. [..] :

Da ist etwa der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, sozusagen der verlängerte Arm der Wirtschaft in die Wissenschaft, der Aktionsrat Bildung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw), die von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) mit ihren Webekampagnen, das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW), oder etwa auch die McKinsey & Company Inc.

Um Synergien zu erzielen, arbeitet die Bertelsmann Stiftung unter anderem mit der Heinz Nixdorf Stiftung, der Körber-Stiftung, der Volkswagen Stiftung, der Hertie-Stiftung oder der Ludwig-Erhard-Stiftung zusammen. Und vielen anderen mehr.

Das CHE hat es auch geschafft mit Namen und Köpfen in der Öffentlichkeit präsent zu sein, also vor allem mit dem früheren Chef Detlef Müller-Böling, mit Frank Ziegele, mit dem ehemaligen Hamburger Wissenschaftssenator und jetzigen Geschäftsführer des Zentrums, Jörg Dräger und vielen anderen inzwischen zu „Experten“ avancierten Mitarbeitern, die nur zu gern von den Hochschulen zu Rate gezogen werden.

Und schließlich und vor allem auch: Hinter dem CHE steht der Bertelsmann-Konzern und seine geballte Medienmacht vom Spiegel (Unispiegel), über den Stern, die Financial Times Deutschland bis hin zu RTL. Und für sein Hochschulranking hat das das CHE dazu noch die bürgerliche „Zeit“ als Medienpartner gewonnen.

Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) firmiert als eine private und als gemeinnützig anerkannte GmbH, die von der Bertelsmann-Stiftung mit jährlich etwa eineinhalb bis zwei Millionen Euro finanziert wird. Nach eigener Darstellung handelt es sich beim „CHE“ um eine unabhängige »Denkfabrik«. Zur „Marke“ CHE gehören inzwischen zwei Gesellschaften, das gemeinnützige Centrum für Hochschulentwicklung (gGmbH) als „Reformwerkstatt für das deutsche Hochschulwesen“ und in die CHE Consult GmbH, als Profitcenter und als private Beratungsgesellschaft für Hochschulen, Wissenschaftseinrichtungen, Ministerien oder Stiftungen. [..]

Die Bertelsmann AG ist der größte Oligopolist der veröffentlichten Meinung in Deutschland. Die Zeitungen, Zeitschriften, Fernseh- und Radiosender und nicht zuletzt die Verlage des Konzerns beeinflussen nicht nur die Meinungsbildung sondern auch die gesamte Stimmungslage und die Befindlichkeiten in Deutschland. Schon diese Medienmacht alleine stellt eine Bedrohung für die Meinungsvielfalt in Deutschland dar, Bertelsmann gehört zu den mächtigsten Meinungsmachern in unserer Gesellschaft.

Über die Meinungsmacht des Konzerns hinaus übt Bertelsmann hinaus eine politische Gestaltungsmacht aus, die weit über den Einfluss von Verbänden, Kirchen, Gewerkschaften, ja sogar von Parteien hinausgeht. [..]

An Hand von Dokumenten lässt sich schwarz auf weiß belegen: Das nordrhein-westfälische „Hochschulfreiheitsgesetz“ wurde nicht nur am Schreibtisch des bertelsmannschen CHE konzipiert, während des Gesetzgebungsverfahrens wurde aus Gütersloh souffliert und sogar nach seiner Verabschiedung wurde im Auftrag des NRW-Ministeriums Bertelsmann mit der Umsetzung des Gesetzes an den Hochschulen betraut. [..]

Natürlich ist es nach wie vor richtig, dass Bertelsmann die Gesetze nicht selber verabschiedet, sondern dass diese meist von der Exekutive eingebracht und vom Parlament verabschiedet werden. Aber über die personellen Netzwerke wird der Bertelsmannsche „Reformmotor“ zur eigenständigen politischen Antriebskraft, der auch außerhalb der Parlamente eine Art Eliten-Konsens schafft – und dabei nebenbei auch noch für ein positives Image für den Bertelsmann-Konzern sorgt. [..]

Link zum vollständigen Artikel bei ' nds.de ' ..hier

 
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